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Nachdem das Wetter lange kalt und grau gewesen ist, scheint heute schon den ganzen Tag die Sonne. Es kommt mir fast so vor, als wolle mich das Wetter ärgern, denn wie soll ich bitte heute den schönen Tag genießen können? Wo genau heute vor einem Jahr das Schlimmste passiert ist, was Eltern passieren kann: Wir haben in der 13. Woche, wo man sich nach erfolgreich gemeistertem ersten Trimester ja eigentlich recht sicher ist, unser Baby zu den Sternen ziehen lassen müssen. Kaum zu glaube, dass das bereits ein Jahr her ist, denn es tut noch immer so weh, als sei es gestern gewesen. Noch immer können und wollen wir nicht verstehen, wieso Du nicht bei uns bleiben durftest..

Wir haben Dich heute an Deinem Grab besucht kleines Sternchen und Dir drei Rosen von uns und ein schönes neues Gesteck vorbei gebracht. Es tut mir so leid, dass ich Dich nicht beschützen konnte. Du wirst uns immer fehlen, selbst wenn Du uns Sonnenstrahlen schickst, die uns aufheitern sollen.

Ein Kind zu verlieren ist eine Erfahrung, die man nicht einmal seinem schlimmsten Feind wünschen würde. Die Nachricht, dass auf dem Ultraschall kein Herzschlag mehr zu sehen ist, nahm uns den Atem. Da hat unser Wunderkind einfach aufgegeben? Wo es sich doch ungeplant in unser Leben geschlichen hatte und mich zu Beginn ziemlich geschockt hatte. Ich war mir sicher, dass Du ein kleiner Kämpfer warst.. aber vielleicht wusstest Du einfach, dass Du nicht Dein ganzes Leben würdest kämpfen können. Nur ein paar Tage vor dem Geburtstag Deines Papas bist Du zu den Sternen gezogen und nichts hätte er sich mehr als Geschenk gewünscht, als Dich kennenlernen zu dürfen.

Schlimm war es für uns, ich habe mich zwei Wochen lang so gut wie nicht unter Menschen getraut und tat mir auch danach unsagbar schwer damit, wieder normal und fröhlich zu sein. Jeder sagte mir, ich müsse für Benjamin stark sein und obwohl ich das wusste, war es eben alles andere als leicht. In der Tat hätten wir diesen Verlust ohne unseren Zwerg sicherlich deutlich schlechter verkraftet, aber zu sehen, wie der kleine Mann mit uns trauerte, brach mir fast das Herz.

Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, ich würde es sofort tun. Immer wieder denken wir daran, dass Du inzwischen schon bald 6 Monate alt sein würdest. Benjamin wäre so gerne ein großer Bruder.

Vor einem Jahr erkämpften wir uns schwer den Weg zurück ins Leben und durften uns kurz nach dem Sommerurlaub in Kroatien, wieder freuen. Wie sicher war ich mir, dass unser Sternchen uns ein Regenbogenbaby geschickt hatte und dass dieses Mal alles gut gehen würde. Niemals hätte ich damit gerechnet, im November zum zweiten Mal ein Baby verlieren zu müssen. Beim ersten Mal glaubt man noch an Pech, beim zweiten Mal fühlt man sich verflucht. Auch wenn mir selbst die Ärzte versicherten, dass mich keine Schuld trifft, so mache ich mir nach wie vor Vorwürfe. Hätte ich etwas tun können, um meine Babys zu retten?!

Zwar zeigte sich mein Frauenarzt kooperativ, als ich nach Ursachen forschen wollte, doch mehr als eine ausgedehnte Blutuntersuchung hielt er nicht für notwendig. Kaum eine Woche später hatten wir die Ergebnisse, doch es wurde nichts wirklich greifbares gefunden. Einerseits sollte ich mich erleichtert fühlen, aber so doof es sich anhört, ich hatte mir gewünscht sie würden eine Ursache finden und natürlich, dass man diese dann hätte behandeln können. Natürlich weiß ich, dass niemand uns die Sicherheit geben kann, dass es bei einem nächsten Versuch gut gehen wird. Aber genau diese Gewissheit bräuchte ich wohl, um es noch einmal versuchen zu können.

Manche werden sich fragen, wieso ich diese wirren Gedanken unbedingt veröffentlichen musste. Ich kann es euch sagen: Weil das Thema Fehlgeburt nach wie vor ein Tabuthema ist, das viel zu oft totgeschwiegen wird. Daher schreibe ich offen über meine Erfahrung und wenn ich damit auch nur einer einzigen Frau, die das selbe durchleiden muss, helfen kann, dann ist mein Job getan. Denn das Einzige was mir wirklich geholfen hat, waren Gespräche mit Freundinnen, die nachdem ich mich geöffnet hatte, nach und nach zugaben, so etwas in der ein oder anderen Art auch schon erlebt haben zu müssen. Der Austausch mit Gleichgesinnten brachte mir so unheimlich viel, weil nur jemand, der diesen tragischen Verlust erleben musste, meine wirren Gedanken verstehen konnte.

Darum ist das hier auch ein großes DANKESCHÖN an alle, die mir durch die schwere Zeit geholfen haben.
Ihr wisst, wer ihr seid